
Sonntag:
Ausgerechnet heute. Der Wetterbericht ist schlecht. Genauer gesagt, richtig schlecht. Regen, Wind, kalt. Vor uns liegt eine 7 bis 8 Stunden Etappe, über zwei Scharten auf rund 2900 m und 2700 m. Dort liegt noch Schnee. Nicht gut. Manch andere Wanderer steigen ab, nehmen im Tal den Bus.
Wir telefonieren mit den Hüttenwirten. Der Weg sei schon gehbar. Aber heute? Wir zögern. Entscheiden dann, notfalls bei der Hütte auf halber Strecke zu bleiben. Ist das zu gewagt? Der Bauch grummelt. Wir gehen los.
Von der Glorer Hütte folgen wir dem Eselssteig zum Pleischachtörl und steigen dann über Blockwerk auf zum Gernot-Rohr-Biwak. Ab und an erwischt uns ein Regenschauer, aber es geht. Nebel wabert um uns herum, graue Wolken hängen über braungrauem Fels. Die Szenerie wirkt gespenstisch.




Also schnell weiter. Allerdings liegen im Abstieg einige steile Schneefelder. Wir setzen vorsichtig und konzentriert einen Fuß vor den anderen, abrutschen wäre keine gute Idee. Es ist anspruchsvoll, anstrengend und kalt. Als wir nach vier Stunden die Elberfelder Hütte erreichen, sind wir froh. Und wärmen uns erstmal mit Suppe und Kuchen auf.
Der Hütenwirt ist Bergführer und berät, sagt, der Weg zur Lienzer Hütte sei gespurt. Ist es möglich? Wir probieren es.
Nochmal drei Stunden liegen vor uns. Der Anfang macht Spaß, wir balancieren über Fels höher und höher. Vorbei an einem gletschereisblauen See. Dann kommt der Nebel. Dann der Wind, nein, die Sturmböen. Dann Hagel und Sturzregen.
Wir sind nass bis auf die Haut, aber wir erreichen die Scharte. Sicht Null. Schnell runter. Oder besser vorsichtig runter. Wir hangeln uns von Markierung zu Markierung. Ab und an weht der Wind ein Sichtfester frei.
Am Ende gelingt es. Aus Fels wird wieder grün, Wiesen und Alpenrosen um uns, der Geruch nach Kräutern. Erleichterung. Wir erreichen die Lienzer Hütte und sind einfach froh. Es war hart – aber am Ende schafft man immer mehr als man denkt. Und wir sind stolz, diesen Tag gemeistert zu haben.

Montag:
Geschafft!!! Wir sind in Lienz angekommen, das erste Teilziel unserer Tour ist hier erreicht. Und plötzlich ist es heiß, Sommer, Wärme, Glück.
Schon als auf dem Weg von der Lienzer Hütte nach Lienz plötzlich die Lienzer Dolomiten vor uns aufragen, fangen wir an zu strahlen.
Die Dolomiten. Zackig und schroff. Die schönsten Berge der Welt, direkt vor uns. Bis hierher sind wir in neun Tagen rund 160 Kilometer gelaufen, jeden Meter und Höhenmeter zu Fuß. Zusammen. Ein großartiges Gefühl.

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